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Massenentlassungen – leider in diesen Zeiten manchmal notwendig, aber wie richtig?

03. Jul 2020

In der letzten Zeit gelangen vermehrt Anfragen betreffend Massenentlassungen in unsere Kanzlei. Massenentlassungen sind nicht nur für alle Betroffenen menschlich belastend, sondern bergen für Arbeitgeber nicht unerhebliche rechtliche und ökonomische Risiken. Damit keine Fehler passieren, muss sowohl die Kommunikation wie auch das rechtliche Vorgehen gut vorbereitet werden.

Wann liegt eine Massenentlassung vor?  
Wenn weniger als 10 Mitarbeitenden gekündigt wird, so stellt dies keine Massenentlassung dar. Ebenso scheidet eine Massenentlassung dann aus, sobald die Kündigung nicht wirtschaftlich bedingt, sondern aus anderen Gründen (z.B. Schlechtleistung des Mitarbeitenden) erfolgt. 

Von einer Massenentlassung wird gesprochen, wenn bei Betrieben mit 20 bis 100 Mitarbeitenden mindestens 10 Mitarbeitenden gekündigt wird, bei 100 bis 300 Mitarbeitenden im Betrieb mindestens 10% der Mitarbeitenden gekündigt wird und ab 300 Mitarbeitenden im Betrieb mindestens 30 Mitarbeitenden gekündigt wird. 

Hinzu kommt eine zeitliche Komponente. Die Kündigungen müssen vom Arbeitgeber innert eines Zeitraums von 30 Tagen ausgesprochen worden sein.

Falls das Unternehmen bereits im Konkurs ist, infolge eines gerichtlichen Entscheides aufgelöst wurde oder ein Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung besteht, so liegt keine Massenentlassung im rechtlichen Sinne vor. 

Gesamtarbeitsverträge (GAV) können sodann nicht nur in Bezug auf die Voraussetzungen, sondern auch in Bezug auf Folgen andere Regeln enthalten.

Wie hat der Arbeitgeber vorzugehen, damit er die Massenentlassung korrekt durchführt? 
Im Vordergrund steht der Gedanke des Gesetzgebers, dass der Arbeitgeber einfach nicht einem grösseren Teil seiner Mitarbeitenden ohne deren vorherige Information/Anhörung kündigen kann. Es soll vorab ein gemeinsamer Austausch stattfinden und allfällige Möglichkeiten zur Abwendung der Massenentlassung erwogen werden.

Sobald die konkrete Absicht zur Massenentlassung besteht und bevor die Kündigungen ausgesprochen werden, muss der Arbeitgeber zwingend die Mitarbeitenden - respektive sofern vorhanden - die Arbeitnehmervertretung informieren. Er muss ihnen schriftlich die Gründe der Massenentlassung, die Anzahl der zu kündigenden Mitarbeitenden, die Zahl der im Betrieb Beschäftigten sowie den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen, mitteilen. Eine Kopie dieser Mitteilung an die Mitarbeitenden respektive deren Vertretung, ist an das kantonale Arbeitsamt zu übermitteln.

Im Anschluss an die Information der Mitarbeitenden sowie des Arbeitsamtes erfolgt die Konsultationsphase, in der den Mitarbeitenden die Möglichkeit gegeben werden soll, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Massenentlassung allenfalls verhindert werden könnte. 

Die Dauer der Konsultationsphase ist gesetzlich nicht geregelt. Sollte es hierzu keine spezielle Regelung in einem GAV geben, ist die Dauer einzelfallabhängig zu beurteilen. Sie liegt in der Regel zwischen fünf Tagen und zwei Wochen. Sollten dem Arbeitgeber konkrete Vorschläge gemacht werden, so empfiehlt es sich, diese mit einer kurzen Begründung abzulehnen, sollten sie nicht in Frage kommen. 

Der Arbeitgeber hat sodann dem kantonalen Arbeitsamt jede beabsichtigte Massenentlassung schriftlich anzuzeigen und je nachdem der Arbeitnehmervertretung oder den Mitarbeitenden eine Kopie dieser Anzeige zuzustellen. Die Anzeige muss die Ergebnisse der Konsultation der Arbeitnehmervertretung und alle zweckdienlichen Angaben über die beabsichtigte Massenentlassung enthalten.

Den Mitarbeitenden soll in diesem ganzen Prozess die Möglichkeit eingeräumt werden, allenfalls Vorschläge zu unterbreiten, wie die Massenentlassung eventuell doch vermieden werden kann. Aufgabe des kantonalen Arbeitsamtes ist, Probleme die durch die Massenentlassung entstehen, zu beheben. 

Nach erfolgter Anzeige beim kantonalen Arbeitsamt sowie nach der Konsultation der Mitarbeitenden, steht es dem Arbeitgeber frei, nicht vermeidbare Kündigungen auszusprechen. Arbeitsverhältnisse, die im Rahmen einer Massenentlassung gekündigt werden, enden frühestens 30 Tage nach der Anzeige der beabsichtigten Massenentlassung an das kantonale Arbeitsamt. Längere vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfristen sind weiterhin zu beachten. 

Wann wird ein Sozialplan benötigt?
Die Arbeitgeber, die üblicherweise mindestens 250 Mitarbeitende beschäftigen und innert 30 Tagen mindestens 30 Mitarbeitende entlassen wollen, sind zudem dazu verpflichtet, einen Sozialplan mit den am Gesamtarbeitsvertrag beteiligten Arbeitnehmerverbänden (sofern der Arbeitgeber Partei eines GAV ist), den Arbeitnehmervertretern oder direkt mit den Mitarbeitenden auszuarbeiten. Eine weitergehende Verpflichtung zur Erstellung eines Sozialplans könnte sich zudem noch aus einem konkret anwendbaren GAV ergeben. In dem Sozialplan soll geregelt werden, ob allenfalls Kündigungen vermieden oder die Anzahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden können. Da die Ausgestaltung eines Sozialplanes aufwendig sein kann, ist es zu empfehlen, frühzeitig (vor der definitiven Entscheidung über Kündigungen) mit den Verhandlungen zu beginnen. 

Was sind die Folgen für den Arbeitgeber, wenn er die Massenentlassung nicht korrekt durchführt?
Liegt tatsächlich eine Massenentlassung vor und hat der Arbeitgeber das oben genannte Verfahren betreffend Konsultation der Mitarbeitenden respektive der Arbeitnehmervertreter verletzt, so können die Mitarbeitenden gegen die Kündigungen Einsprache einlegen und diese wegen Missbräuchlichkeit anfechten. Dennoch bleibt eine missbräuchliche Kündigung gültig. Mitarbeitende, die sich mittels rechtzeitiger Einsprache gegen die Kündigung zur Wehr setzen, können bis zu zwei Monatslöhne als Entschädigung fordern. 

Unterlässt der Arbeitgeber seine Meldepflicht (Kopie der Mitteilung) beim kantonalen Arbeitsamt, so werden ausgesprochene Kündigungen ebenfalls nicht ungültig. Mit Busse bis zu CHF 40‘000 können Arbeitgeber bestraft werden, wenn sie vorsätzlich ihre Meldepflicht bei Entlassungen einer grösseren Anzahl von Mitarbeitenden verletzen. Eine fahrlässige Verletzung kann auch gebüsst werden mit bis zu CHF 20‘000.

Unterlässt der Arbeitgeber hingegen seine Anzeigepflicht an das kantonale Arbeitsamt, so bleiben zwar die ausgesprochenen Kündigungen ebenfalls gültig, allerdings wird die Rechtswirkung der Kündigungen aufgeschoben, da die minimale Kündigungsfrist von 30 Tagen erst ab Anzeige zu laufen beginnt. 

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