07. Apr 2020
Die nachfolgende Zusammenfassung gibt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine Übersicht über wichtige arbeitsrechtliche Entscheide in jüngster Vergangenheit.
Während Probezeit schwanger
Eine Arbeitnehmerin arbeitete zunächst ohne
schriftlichen Arbeitsvertrag gegen Barzahlung.
Danach schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag mit Probezeit ab. Kurz darauf informierte die
Arbeitnehmerin die Arbeitgeberin, dass sie
schwanger sei. Ihr wurde infolgedessen von der
Arbeitgeberin mit einer siebentägigen Frist gekündigt. Die Arbeitnehmerin brachte vor, die
Kündigung sei aufgrund der bestehenden
Schwangerschaft nichtig. Sie bot ihre Arbeitsleistung an und forderte weiterhin Lohn. Die
Arbeitgeberin trug vor, dass zunächst nur ein
Praktikumsvertrag vorlag, kein Arbeitsvertrag.
Das Bundesgericht hielt fest, dass alle Merkmale
eines Arbeitsvertrages beinhaltet seien und somit
ein Arbeitsverhältnis vorlag. Da eine Probezeit
für max. drei Monate ab Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden kann, war die Probezeit bereits verstrichen. Nach Ablauf der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung durch die
Arbeitgeberin bis nach Ablauf der Sperrfrist nicht
mehr möglich. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten konnte der Arbeitnehmerin nicht vorgeworfen werden, weil sie ihre Schwangerschaft
erst nach Unterzeichnung des unbefristeten Arbeitsvertrages kundtat. Das Bundesgericht erwog dazu, die Arbeitnehmerin sei nicht verpflichtet, die Arbeitgeberin bereits vor Abschluss eines
Arbeitsvertrages oder während der laufenden
Probezeit über eine bestehende Schwangerschaft
zu informieren.
Privates Zimmer für Homeoffice
Ein Arbeitnehmer machte gegenüber dem Arbeitgeber geltend, ihm stünde eine Entschädigungszahlung für die Nutzung seines privaten Zimmers
als Büro bzw. Archiv zu. Der Arbeitgeber konnte
dem Arbeitnehmer am Firmensitz keinen dauernden und geeigneten Arbeitsplatz anbieten, weshalb der Arbeitnehmer quasi gezwungen war,
Homeoffice zu betreiben. Ein Mietvertrag o.ä.
war nicht vereinbart worden und auch im Arbeitsvertrag liess sich nichts dazu finden. Das
JOURNAL No
2 April 2020 | 91. Jahrgang
WIRTSCHAFT UND DIENSTLEISTUNGEN
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Arbeitsrechtliche Entscheide
in jüngster Vergangenheit
Bundesgericht entschied, dass der Arbeitgeber
dem Arbeitnehmer einen geeigneten Arbeitsplatz
anbieten muss. Kann er dies nicht, so ist die Arbeitsinfrastruktur zu Hause für die Berufsausübung des Arbeitnehmers notwendig und damit
vom Arbeitgeber zu erstatten, auch wenn dies
nicht explizit vereinbart wurde.
Mehrarbeit oder neue Leistung?
Ein Arbeitnehmer war als Chauffeur beim Arbeitgeber angestellt. Neben seinem schriftlichen
Arbeitsvertrag war es dem Arbeitnehmer möglich, freiwillig für eine pauschale Entschädigung
weitere Touren zu fahren. Der Arbeitnehmer
machte nun die Abgeltung von Mehrarbeit geltend, die er inklusive 25-prozentigem Zuschlag
vergütet haben wollte. Die Touren waren weder
einseitig angeordnet, genehmigt oder notwendig
gewesen. Der Arbeitnehmer hatte sich freiwillig
auf die Zusatztouren beworben und war mit den
Konditionen einverstanden gewesen. Der Arbeitnehmer brachte vor, dass hierdurch eine Gesetzesumgehung stattfinden und der Sozialschutzgedanke des Arbeitsrechtes ausgehebelt
würde. Überstunden waren vertraglich mit Freizeit zu kompensieren. Überzeit ist zwingend mit
dem um 25 Prozent erhöhten Basislohn zu entschädigen, wobei die Kompensation mit Freizeit
vorbehalten bleibt. Somit wäre nur ein Zuschlag
geschuldet gewesen, wenn es sich um Überzeitstunden gehandelt hätte. Es obliegt dem Arbeitnehmer zu behaupten und zu beweisen, dass er
Überzeit geleistet hat. Ist es nicht möglich, die
genaue Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden
festzustellen, kann das Gericht den Prozentsatz
schätzen. Der Arbeitnehmer konnte im vorliegenden Fall nicht beweisen, dass es sich um Überzeitstunden handelte. Zudem konnte er die Ansicht des Gerichts nicht erschüttern, dass die
Zusatztouren nur aufgrund der gesonderten Vereinbarung absolviert und bezahlt wurden, sodass
für das Ursprungsarbeitsverhältnis keine Mehrstunden anfielen.
Bonus
Das Bundesgericht hat in verschiedenen neueren
Entscheiden seine Rechtsprechung zum Bonus
zusammengefasst. Daraus folgt, dass drei Situationen zu unterscheiden sind: 1. der (variable) Lohn, 2. die Gratifikation, auf welche der Arbeitnehmer Anspruch hat und 3. die Gratifikation, auf die er keinen Anspruch hat. Um variablen Lohn handelt es sich, wenn ein vereinbarter Bonus bestimmt ist oder aufgrund objektiver Kriterien bestimmbar ist. Eine Gratifikation zeichnet dadurch aus, dass sie zum Lohn hinzutritt und eine in gewissem Masse freiwillige Sondervergütung darstellt. Sie ist dann als freiwillig anzusehen, wenn dem Arbeitgeber bei der Festsetzung sowie Höhe des Bonus ein Ermessensspielraum zusteht. Es besteht ein Anspruch auf eine Gratifikation, wenn zwar grundsätzlich ein Bonus vereinbart wurde, jedoch dem Arbeitgeber bei der Bestimmung der Höhe ein gewisses Ermessen verbleibt. Die Gratifikation kann im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart worden sein oder während des Arbeitsverhältnisses durch schlüssiges Verhalten entstehen, wie durch die regelmässige, vorbehaltlose Ausrichtung eines Betrages. Es besteht kein Anspruch auf eine Gratifikation, wenn sich der Arbeitgeber sowohl die Auszahlung als auch deren Höhe vorbehält. Freiwillig bleibt der Bonus auch, wenn er jedes Jahr ausgeschüttet wird mit Hinweis auf seine Freiwilligkeit. Ist der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht ernst gemeint, so ist dieser hingegen unbeachtlich. Der Bonus als Gratifikation kann nur dann in einen Lohnbestandteil umgedeutet werden, wenn die variable Vergütung im Vergleich zum Grundlohn keine zweitrangige Bedeutung aufweist. Wird eine freiwillige Gratifikation während drei aufeinanderfolgenden Jahren vorbehaltlos ausgerichtet, wird diese Sondervergütung in eine Gratifikation umgedeutet, auf die dann ein Anspruch besteht. Gleiches gilt, wenn eine freiwillige Gratifikation jahrzehntelang ausgerichtet wird und der Arbeitgeber nie vom Freiwilligkeitsvorbehalt Gebrauch gemacht hat.
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