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Bundesgericht schafft Klarheit und stärkt Unternehmen bei einer arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmenden

10. Jun 2024

Der Bundesgerichtsentscheid sorgt für Rechtssicherheit für Arbeitgebende, wenn der Fall eintritt, dass Arbeitnehmende vor einer beabsichtigten Kündigung oder während einer laufenden Kündigungsfrist «arbeitsplatzbezogen arbeitsunfähig» werden.

Was hat sich durch den Entscheid geändert?

Was bereits gefestigte kantonale Rechtsprechung und herrschende Lehre war, wurde nun – endlich – auch vom Bundesgericht bestätigt: Der zeitliche Kündigungs- bzw. Sperrfristenschutz gemäss Art. 336c OR gilt nicht bei der sogenannten «arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit». Der Kündigungsschutz bei Arbeitsunfähigkeit hat jeweils zur Folge, dass arbeitsunfähigen Arbeitnehmenden während einer gewissen Zeit (30, 90 oder 180 Tage – abhängig vom Dienstalter) nicht gekündigt werden kann oder dass eine Arbeitsunfähigkeit während einer laufenden Kündigungsfrist die Kündigungsfrist verlängert. Dabei haben auch nur kurze Erkrankungen von z.B. zwei Tagen regelmässig eine Verlängerung um einen ganzen Monat zur Folge, da meist Kündigungen gemäss Arbeitsvertrag jeweils nur per Monatsende ausgesprochen werden können. Dies führt in der Praxis aus Arbeitgebersicht oft zum unbefriedigenden Ergebnis, dass Arbeitnehmende noch eine erhebliche Zeit ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit im Betrieb verbleiben können.

Im französischen Bundesgerichtsentscheid, der sich eigentlich auf ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis bezog, was aber auch auf das Privatrecht übertragen werden kann, ist in E.5.1. festgehalten, dass Art. 336c OR hinsichtlich dem Sperrfristenschutz im Falle einer Krankheit nur dann nicht anwendbar ist, wenn sich die Gesundheitsbeeinträchtigung als so unbedeutend erweist, dass sie die Aufnahme der Arbeit an einem neuen Arbeitsplatz nicht verhindern kann. Dies wird gemäss Rechtsprechung dann angenommen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf den Arbeitsplatz beschränkt und damit eben «arbeitsplatzbezogen» ist.

Was ist arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit?

Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit liegt also dann vor, wenn Arbeitnehmenden nur an ihrer angestammten Stelle nicht mehr arbeiten können, aber jede andere Stelle (in einer anderen Abteilung oder bei anderen Arbeitgebenden) antreten könnten. Meistens werden gegenüber behandelnden Ärzten/Ärztinnen psychische Probleme (z.B. Arbeitsplatzkonflikte, Mobbing) genannt, weshalb Arbeitnehmende nicht mehr zu Arbeit erscheinen können, aber ansonsten weitestgehend frei in der Freizeitgestaltung als auch bei der Suche nach einer neuen Anstellung sind. Für diese Zeit müssen Arbeitgebende (oder allenfalls auch Krankentaggeldversicherungen) Lohnfortzahlung leisten und es war bis anhin nicht sicher, ob man das Arbeitsverhältnis mit den ausserhalb der Arbeit gesund erscheinenden Arbeitnehmenden fortsetzen muss respektive das bereits gekündigte Arbeitsverhältnis sich verlängert.

Was ist bei einer arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit in der Praxis zu beachten?

Bei uns in der Kanzlei haben sich in den letzten Jahren die Fälle, bei denen es Probleme mit arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeiten gab, gehäuft. Von Seiten der Arbeitnehmendenvertretung wurde stets vorgebracht, dass ausgesprochene Kündigungen nichtig seien und sich die Kündigungsfristen verlängern würden, da kein Entscheid des Bundesgerichtes hierzu vorliege. Dem kann nun Einhalt geboten werden.

Um vom Wegfall des zeitlichen Kündigungsschutzes bei der arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit profitieren zu können, müssen Arbeitgebende aber zunächst einmal wissen, dass eine solche vorliegt. Das ist gar nicht so einfach. Denn diese Information ist auf gewöhnlichen Arztzeugnissen nie ersichtlich und es besteht derweilen auch in der Ärzteschaft noch Uneinigkeit darüber, ob hierüber Auskunft gegeben werden darf.

Unsere Empfehlung ist aber klar: Sofern ein solcher Verdacht besteht, sollten Arbeitgebende bei den zeugnisausstellenden Personen nachhaken und eine Ergänzung betreffend Arbeitsplatzbezogenheit verlangen. Wenn diese verweigert wird, sollte über die Arbeitnehmenden bei der behandelnden Person Auskunft angefordert werden.

In jedem Fall empfiehlt es sich hier, frühzeitig und schnell zu handeln, da auch immer an den Einsatz von Vertrauensärzten und Vertrauensärztinnen zu denken ist. Diese können aber oftmals nur zeitnah und nicht rückwirkend eine Beurteilung abgeben.

Sofern Sie hierzu Fragen haben, sind wir Ihnen jederzeit gerne behilflich.

Kathrin Moosmann

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